Rede von Dr. Edit Rőder, Mitglied des Kuratoriums, zum Gedenken an den verstorbenen Vorsitzenden Dr. György Bodnár
(gehalten bei der Beerdigung von Dr. György Bodnár am 7. November 2008)
Sehr verehrter Herr Vorsitzender! Lieber György Bodnár, lieber Freund!
Im Namen der Milán-Füst-Stiftung für Übersetzungsförderung der Ungarischen Akademie der Wissenschaften spreche ich zu dir, indem ich einen Tagebucheintrag von Milán Füst aus dem Jahr 1921 zitiere, an der Stelle, wo sich am Abend deines Todes das Tagebuch öffnete. Im Zusammenhang mit der Beerdigung des armen Ignác Golzicher schreibt Milán Füst: „Sie sangen für ihn den 22. Psalm – das wollte er – „Du bist auch dann bei mir!“ … und sie zitierten aus dem Testament: „Ich gehe dorthin, in die Welt der reinen Geistigkeit“. Und er, der Arme, lag da, war der Mittelpunkt einer Feier… Und jetzt – so beendet Milán Füst seinen Tagebucheintrag – zerfallen die Zellen seines arabischen, aramischen, assyrischen, chaldischen, hebräischen, persischen Wissens nach und nach. Nur für einige Jahre hatte er diese Unmenge gesammelt – und nur, damit sie dann in Nichts zerfällt! Oh, furchtbare Tragik menschlichen Lebens! Tod!“
Milán Füst wusste genau, dass die Unmengen an Wissen mit dem Tod eines Menschen keineswegs in Nichts zerfallen, dass das Lebenswerk und die Lehre, wenn er Lehrer wie György Bodnár war, weiterleben, wie diejenigen bereits erwähnt haben, die das Werk des Literaturhistorikers, Kritikers und Emeritus György Bodnár würdigten.
Ich möchte nun von jenen acht Jahren sprechen, in denen er als Vorsitzender der Milán-Füst-Stiftung für Übersetzungsförderung in unserem dreiköpfigen Kuratorium tätig war.
Acht Jahre haben wir zusammen gearbeitet. Ich kann nicht beurteilen, ob dies eine lange oder kurze Zeit war.
Wenn ich auf unser – wie er es bezeichnete – „stürmisches Kuratoriumsdasein“ zurückblicke, das die Arbeit der Stiftung gemäß ihrer Zielsetzungen über Jahre erschwerte, nämlich mit jenem Rechtsstreit, der die Stiftungsform in Frage stellte, die Erzsébet Helfer, die Witwe Milán Füsts, in ihrem Testament als Verpflichtung zu gemeinnützigen Zwecken bezeichnet hatte, sowie das Ausmaß der Verwaltung des zu Stiftungszwecken bestimmten Vermögens – so war es eine lange Zeit.
Dieses Thema hätte ich in den Minuten der Trauer gar nicht erwähnt, wenn György Bodnár in diesen Jahren, in denen er mit der immer mächtiger werdenden Krankheit rang – eine Operation folgte auf die andere, einer schwer zu ertragenden Therapie folgte eine noch schwerer zu ertragende –, nicht ein derartiges Beispiel an Standhaftigkeit, an Treue und Freundschaft gezeigt hätte, worüber ich nicht hätte schweigen können.
Ich empfinde diese acht Jahre als eine kurze Zeit, wenn ich sie unter dem Aspekt der Harmonie bei der Verrichtung unserer Arbeit, der Effektivität und der zunehmend intensiveren Freundschaft betrachte, die sich unter den Mitgliedern des Kuratoriums entwickelte.
Es genügten Andeutungen, damit wir einander verstanden.
Wenn über die Verleihung des Milán-Füst-Preises für Übersetzung entschieden werden musste oder die manches Mal mehr als 50 Bewerbungen, die für das Übersetzungsstipendium eingingen, beurteilt werden mussten, dann konnten wir auf seine umfassenden literarischen Kenntnisse, doch auch auf seine Bewertung der Arbeit und der Qualität der Übersetzer vertrauen. Auch aus diesem Grund fällten wir unsere Entscheidung über den Preis für Übersetzung, den vier Übersetzer aus drei Ländern erhielten, beziehungsweise über das Übersetzungsstipendium der 48 Übersetzer aus 19 Ländern einstimmig.
Zum 120. Jahrestag von Milán Füst gab der Verlag Fekete Sas 2008 die gesammelten Gedichte von Milán Füst heraus, zu diesem Band schrieb György Bodnár bereits schwerkrank ein Nachwort mit dem Titel Wege zur Lyrik von Milán Füst. In demselben Jahr verfasste er zu dem beim französischen Verlag Cambourakis erschienenen Kurzroman Précipice [Der Abgrund] von Milán Füst ebenfalls ein Nachwort mit dem Titel Die ungarische Moderne und der Kurzroman.
György Bodnár machte unsere Kuratoriumssitzungen mit seinen umfangreichen literarischen Kenntnissen, seiner ganz speziellen Herangehensweise an das dichterische und schriftstellerische Werk Milán Füsts sowie seinen liebenswerten, humorvollen Geschichten unvergesslich.
Einige Monate vor seinem Tod erinnerte er sich an seine Kindheit in Karcag, wo er über Jahre als Messdiener gedient hatte. Er sang lateinisch, wobei der sowohl die Rolle des Pfarrers als auch die des Messdieners und der Gemeinde übernahm, dann sang er, als er sich an seine Jahre im reformierten Gymnasium erinnerte, Psalme, und wir stimmten ein. Wir sangen – ja was heißt sangen, wir schmetterten mit Andacht – den 42. Psalm: „Wie der Hirsch bei schwülem Wetter schmachtend nach der Quelle schreit…“, dann, nach dem Verklingen der letzten Zeile: „Wann, wann werd ich vor dir stehen, wann dein herzlich Antlitz sehen“ – konnten wir für Minuten, die uns wie Stunden schienen, kein Wort herausbringen. Ich sah ihn an, er blickte in die Ferne und lächelte.
Die folgende Erinnerung ist eine ganz nahe. Das Kuratorium hielt am 19. September eine Sitzung ab, auf der Tagesordnung stand, welches Material auf die Homepage unserer Stiftung gelangen sollte. Er kam immer pünktlich, ja immer vor dem festgesetzten Termin. Dieses Mal verspätete er sich mehr als eine halbe Stunde. Er war schmal und blass, ja erschöpft, als er eintrat. – Neuerdings werde ich morgens nur schwer fertig – entschuldigte er sich.
Wir arbeiteten mehr als vier Stunden, und er wurde immer lebendiger, gründlicher und geistreicher, mit einem Wort, er war so wie früher. Am Ende der Sitzung wandte er sich an mich und sagte auch jetzt, wie so oft: Mit Ausnahme von Donnerstag bin ich frei, wenn ich irgendwie helfen kann, dann stehe ich zur Verfügung. Ich sah ihm nach, mit langsamen Schritten und gebeugtem Rücken ging er hinaus… Da sah ich ihn das letzte Mal.
Danach kamen nur mehr die traurigen Nachrichten: er sei schwach, leide viel, man habe ihm Sauerstoff geben müssen… Nun ja – der Atem wird kürzer… das Leben geht zu Ende! Ging zu Ende…
Milán Füst antwortet in seiner Ästhetik mit dem Titel Vision und Emotion in der Kunst, in der Zusammenfassung des 12. Vortrags, auf seine an sich selbst gerichtete Frage, ob der Künstler „erfolgreich sei oder nicht“: „Wenn er sorgsam auf die stillen Worte des in ihm wohnenden Daimon achtet und seinen Befehlen, das ganze Leben seinem Dienst widmend, treu gefolgt ist, dann sagen wir aus tiefstem Herzen, er hat richtig gelebt. Und das war alles!“
Lieber György Bodnár, unser Freund!
Aus tiefstem Herzen sage ich, du hast richtig gelebt, und wir danken dir, dass du dein Leben in diesen kurzen acht Jahren mit uns geteilt hast.
Schließlich möchte ich zur Widerlegung der Vergänglichkeit aus dem 1. Brief des Apostels Paulus an die Korinther, dem Hohelied der Liebe zitieren:
„Die Liebe vergeht niemals!“
Mein lieber, sehr lieber Freund György Bodnár, auch wenn du von uns gegangen bist, so bleibst du in deinen Werken, deiner Lehre, in unserer Liebe hier unter uns, denn die Liebe vergeht niemals.
Gott sei mit dir!
| | Bodnár György ravatala | Emlékbeszédet mond Szörényi László, az MTA Irodalomtudományi Intézet igazgatója | | | Emlékbeszédet mond Juhász Ferenc Kossuth-díjas költő | Emlékbeszédet mond Pomogáts Béla, az MTA Irodalomtudományi Intézet igazgatója | |
| Emlékbeszédet mond dr. Rőder Edit, az MTA Füst Milán Fordítói Alapítvány | Bodnár György sírhantja |
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